Jürgen Meyer
Diesmal haben wir für Euch, Jürgen Meyer im Fullrun.de Interview. Jürgen ist seit vielen Jahren begeisterter Karpfenangler und Inhaber der Boilie-Schmiede M+M Baits. Die Anfänge der modernen Karpfenangelei hat er nicht nur von erster Stunde an mitbekommen sondern hat Sie auch selber mit geprägt.
Hallo Jürgen, schön dich bei uns im Interview zu haben. Zunächst würde uns interessieren in welchem Alter Du zum Angeln gekommen bist?
Ungefähr mit 10 Jahren
Wie kam es dazu, das Du dich gerade auf das Karpfenfischen spezialisiert hast?
Der Karpfen hat mich schon immer Fasziniert. Habe sie zuerst mit Mais und Teig beangelt und ab 1986 mit Boilies und nach dem Bericht in der Blinker „Karpfen auf die harte Tour“ ist das Fieber vollends Ausgebrochen.
Zur Zeit haben wir Winter und viele Karpfenangler pausieren jetzt. Wie ist es bei dir? Wann beginnt für dich die Angelsaison und wann endet sie?
Bis vor einigen Jahren habe ich im Winter durch geangelt. Jetzt halte ich es so, dass ich im Herbst solange angeln gehe, wie es mir Spaß macht. Meist ist es dann Ende November. Anfangen tu ich dann so Ende März wieder.
Fluss, Kanal oder See? Welche Gewässertypen bevorzugst Du?
Eigentlich alle drei Typen, aber es gibt Phasen wo ich das eine oder andere bevorzuge.
Frankreich, Spanien, Italien - beangelst Du Gewässer im Ausland?
Ich beangle Gewässer im Ausland, in folgenden Ländern habe ich schon geangelt. Slowenien, Tschechei, Österreich, Holland und Frankreich. In Frankreich war ich bislang 3x. 2x am Cassein und vor kurzen war ich das erste Mal an einem Paylake.
Gibt es Gewässer von denen du dich einfach nicht trennen kannst? Die Du immer und immer wieder ansteuern musst? Und wieso zieht es dich immer wieder dort hin?
Eine schwierige Frage. Es gibt immer wieder Gewässer die ich längere Zeit beangle, aber dann kommt eine Phase bei mir wo ich das Gewässer einige Jahre nicht beangle oder nur ganz selten. Ich habe nach einigen Jahren immer wieder das Bedürfnis was neues oder was anderes zu machen. So ist es bei mir mit dem Kanal gewesen, 10 Jahre intensiv beangelt und der Schiffsverkehr ging mir zum Schluß gehörig an die Nerven. Dann 10 Jahre fast gar nicht mehr. Und jetzt reizt es mich wieder da zu angeln und kann gut mit dem Schiffsverkehr leben.
Gibt es Fänge die dir in Erinnerung geblieben sind ? Worauf kommt es dir an?
Als erstes fällt mir mein erster 20 Pfünder (1990) ein. Ich war für einen kurzen Ansitz nach Feierabend an den Kanal gefahren und wollte gerade einpacken in der Dämmerung. Es lief dann ein Karpfen ab und ich konnte erfolgreich einen 10 Pfünder landen, das war gegen 21.30Uhr. Also wollte ich noch eine halbe Stunde bleiben, da ich aus Erfahrung wusste das die Fische in größeren Schwärmen zu der Zeit am Kanal kamen. Also setzte ich mich in mein Auto da es recht kalt draußen war. Ich bin dann im Auto eingeschlafen und wurde um halb eins in der Nacht durch einen Dauerton geweckt. Nach kurzen Drill lag er vor mir ein Spiegler von 21.400Pfund. Ein Glück war ich eingeschlafen, sonst hätte ich wohl diesen Karpfen nicht bekommen.
Meine erste Cassein Tour war auch so ein Erlebnis, welches mir in Erinnerung bleibt. Wir wollten Samstag fahren, den Dienstag davor bekam ich Zahnschmerzen und Mittwochs ab zum Zahnarzt. Ja was mir dann mein Zahnarzt erzählte war nicht so prickelnd. Der Zahn muss raus, da ich aus Erfahrung wusste, dass es bei mir nicht so einfach ist Zähne zu ziehen, machte ich mir schon meine Gedanken, Und so kam es, beim Ziehen des Zahnes brach auch ein Teil des Knochens weg. Aber zum Glück verheilte die Sache bis Freitag relativ gut und ich konnte es riskieren zu fahren. Mit Ordentlichen Schmerztabletten (Die ich zum Glück nicht brauchte) im Gepäck ging es los.kommt ja das übliche Prozedere das jeder kennt. Karten kaufen, die Stellen suchen, aufbauen, die Ruten rausbringen. Nach so ungefähr 40 Stunden war dann schlafen angesagt.
Aber die Karpfen ließen uns nur kurz Schlafen und mein erster Karpfen war ein 49. Pfund Spiegler. Bei so einem Fisch
Nach eine 15 Stunden Fahrt waren wir am See, jetzt vergisst man ganz schnell die ganzen Strapazen die man vorher hatte und der Trip auf der Kippe stand. Das Risiko hatte sich gelohnt los zu fahren.
Mit deiner Boilie-Schmiede M+M Baits hast Du dir ein zweites berufliches Standbein aufgebaut. Wie kam es dazu ?
Zu M + M Baits kam es, da ich schon seit Ende der 80er anfing meine eigenen Boilies zu Kreieren. Ich habe dann oft für andere Mitbestellt und hatte auch einige günstige Quellen, wo ich Produkte in guter Qualität beziehen konnte. Es wurde dann immer mehr, allerdings gab es einen Händler bei mir in der Nähe, den das nicht gefiel. Der Händler wollte es den Behörden melden. Also beschloss ich und mein Kumpel ein Gewerbe anzumelden. So nahmen die Dinge ihren Lauf, das war im Jahr 1992.
In deinem online Shop findet man recht viele verschiedene Boilie-Sorten. Was ist dir an deinen Produkten besonders wichtig und nach welchen Kriterien wählst Du sie aus?
Das wichtigste bei meinen Boilies sind frische Zutaten von hoher Qualität, ein guter Proteingehalt, sehr gut Verdaulich und eine gute Lockwirkung. Ich halte zum Beispiel nichts davon, viele Attraktoren in einen Mix zu packen nur um die Zutatenliste zu puschen.
Bei vielen Entwicklungen stehe ich mir manchmal selbst im Weg, es kann vorkommen das es bis zu 3 Jahre dauert, bis ich die neue Sorte auf den Markt bringe. So ist es auch bei meinem Fish’n Yeast gewesen. Ich hatte schon lange an einen günstigen Boilie gearbeitet, aber ihn immer wieder verworfen, da er mir nicht 100% gefiel. Bis ich eines Tages auf die Zutat Excell stieß. Die ersten Ergebnisse waren mehr als Positv, statt den neuen Mix sofort auf den Markt zu schmeißen, habe ich erst einmal die optimale Zugabe erforscht. Nach 2 ½ Jahren war es dann soweit, der Finale Test stand an, 8 Wochen Langzeit Fütterung an einem schwierigen See. Die Ergebnisse haben mich umgehauen, ich hätte nie erwartet das so ein günstiger Mix, über so einen Zeitraum, so gut fangen kann. Diese eine Zutat und die richtige Dosierung waren das A und O in dem Fish’n Yeast. So wie oben beschrieben, halte ich es mit allen neuen Produkten.
Denn ein guter Mix den man Sorgfältig entwickelt hat, fängt über Jahrzehnte, so wie mein Betamix und der Creammix, jetzt schon seit über 20 Jahre.
Kommen wir zum Punkt “Teamangler“. Hast Du welche und wie stehst Du zu dem Thema?
Ich habe Teamangler, die meisten sind Freunde die ich schon lange kenne. Ich stehe Teamanglern immer etwas kritisch gegenüber. Bevor ich welche aufnehme, müssen sie schon lange bei mir Kunde sein und zu 100% hinter meinen Produkten stehen.
Du rollst Boilies auch nach den Rezepten deiner Kunden ab. Gab es hier auch schon mal eine “merkwürdige“ bzw. nicht alltägliche Bestellungen, an die Du dich erinnerst?
Das mache ich immer mit einem unguten Gefühl. Die Krönung war das mir mal ein Kunde seinen Mix vorbei brachte den ich verarbeiten sollte. Also begann ich den Mix anzurühren und merkte dabei, dass es wohl Probleme geben wird. Es war voll die Katastrophe, für 5Kg benötigte ich über 1 Stunde. Also rief ich ihn an und schilderte ihm das Problem, die Antwort war „Das wusste ich wohl, aber mach ihn gefälligst fertig“. Er war auch nicht breit dafür mehr zu bezahlen, also habe ich ihn den Mix zurück geschickt. Solche Fälle habe ich öfters gehabt, das Leute mir schlecht zu verarbeitende Mixe brachten und nachher beleidigt waren, dass ich sie nicht abgerollt habe oder einen höheren Preis verlangen musste.
Verrätst Du uns deinen persönlichen Lieblingsboilie und auch den Grund für deine Wahl?
Es sind zwei Boilies. Das ist der Fish’n Yeast. Er vereint alles was ein guter Boilie haben sollte, Atraktiv, guten Nährwert, super Verdaulich und Preisgünstig.
Der Creammix. Super Instanter Boilie, es ist ein richtiger Old School Boilie, wie es ihn heute fast nicht mehr gibt. Die Karpfen lieben einfach den milchigen/Sahnigen Geschmack in Verbindung mit Birdfood. Und das schon seit über 20 Jahre.
Viele Karpfenangler drehen ihre Kugeln selber in Heimarbeit. Kannst du den Jungs ein paar nützliche Faustregeln mit auf den Weg geben, damit ihre Murmeln vielleicht noch attraktiver werden?
Frische Zutaten. Frische Zutaten sind nach meiner Meinung das A und O für fängige Boilies. Man sollte auch z.B. nicht zu viele Attraktoren verwenden, viel besser ist es ein Attraktor zu nehmen, wie z.B. GLM und da die optimale Dosierung für seinen Mix suchen. Wenn länger gefüttert wird, auf Konservierer verzichten und den Proteingehalt möglichst bei 35% im Mix einpendeln lassen.
Was hast Du für die Zukunft geplant? Arbeitest Du momentan an neuen Projekten?
Ich habe neue Projekte seit längere Zeit in Arbeit. Ich bin dabei eine günstige Alternative zum Creammix zu entwickeln. Er steht jetzt zu 80%, aber benötigt noch Feinarbeit. Die anderen Projekte sind noch in der Anfangsphase, aber noch nicht Spruchreif.
Eine Frage zum Schluss: Verrate uns doch noch deine skurrilste Geschichte, die Du am Wasser erlebt hast.
Die Ereignete sich Mitte der 90er Jahre. Ich war mit einem Kumpel an der Weser. Es bauten in einiger Entfernung zwei andere Karpfenangler auf. Es war schon ein Schauspiel wie lange sie brauchten um ihr Tackle an den Platz zu tragen. Nachdem sie alles aufgebaut hatten, kam einer zu uns. Diese ersten Worte die er zu mir sagte, werde ich nie vergessen. Die ersten Worte waren „Weißt du wer ich bin“, ich, „muss ich das wissen“, er, „ich bin der ……. Und fange nur große Karpfen“. So ging das Gespräch einige Zeit weiter bis ich fragte wie groß sein größter Karpfen denn aus der Weser wäre. Darauf sagte er mir das er in Frankreich am Du Der schon zwei Vierziger gefangen hätte, ich Hartnäckig „und in der Weser“ er zögerlich „einen von 22Pf“. Dann erzählte ich ihm, dass ich dieses Jahr schon 2 Dreißiger und 40 über 20pf gefangen habe. Darauf drehte er sich um und ging ohne noch ein Wort zu sagen.
Jürgen, ich bedanke mich, im Namen des Teams für dieses Interview.
Ab und an verschlägt es mich in deine Region, an eines deiner Hausgewässer. Ich würde mich freuen dich einmal am Wasser anzutreffen.
Tobias Benscheid & Jürgen Meyer