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Thomas Kalweit

Thomas, als erstes die Frage, die fast in jedem Interview vorkommt. Wann bist Du zum Angeln gekommen?

Erst eigentlich so im Alter von 9 oder 10. Ein Nachbarsjunge fuhr mit seinem Vater hin und wieder zum Forellenteich in die Eifel. Nach der ersten Fahrt - wir sind sicher schon so um 4 Uhr losgehfahren, um im Dunkeln mit Leuchtschwimmer die Ersten am Teich zu sein – war ich heillos infiziert. Ich kann mich noch heute an die Autofahrt an endlosen dunklen Tannenreihen vorbei erinnern. In meiner Familie hat eigentlich niemand geangelt, von väterlicher Seite gab es da kein Verständnis. So habe mich mir meine erste Angel (ein Set von Shakespeare mit blauer Vollglasrute für ca. 20 DM) in einem Spielzeugladen heimlich gekauft und unter meinem Bett versteckt. Von da an gab es keinen Tag mehr, an dem ich nicht ans Angeln gedacht habe. Ich habe Angelkataloge verschlungen und mir lange Wunschlisten gemacht, Weihnachtsplätzchen und Lebkuchenhäuser zu Anfutter zerrieben, jeden Pfennig in das Hobby investiert…

Du hast deine Leidenschaft zum Beruf gemacht, wie kam es dazu?

Mein Studium habe ich mir als freier Autor für verschiedene Angelzeitschriften finanziert. Nach dem Studium (bin Diplom-Geograph mit Schwerpunkt Gewässerökologie) gab es kaum Stellen für mein Fachgebiet. Nach einem Jahr Arbeitssuche, in dem ich mich mit Werkverträgen und Praktika rumgeschlagen habe, habe ich mich schlussendlich bei FISCH & FANG und DER RAUBFISCH für ein Volontariat beworben. Da ich für den Parey Verlag schon als freier Autor tätig war, hat das auch gleich geklappt. Ich hatte aber nie vor, hauptberuflicher Schreiberling zu werden, die ganze Sache ist mehr aus der Not geboren. Inzwischen bin ich schon fast 12 Jahre als Online-Redakteur dabei…

Du sammelst auch altes Angelgerät, was hat es damit auf sich?

Vielleicht ist der eine oder andere schon mal über meine kleine Website http://www.tkalweit.altes-angelgeraet.de/ oder über mein Sammler-Blog unter http://www.fischundfang.de/Blogs/Experten-Blogs/Sammler-Blog gestoßen. Seit ca. 20 Jahren interessiere ich mich für die Angelhistorie, habe auch schon ein FISCH & FANG-Sonderheft zum Thema geschrieben (Die Geschichte des Angelns). Ich suche alles über deutsches Angelgerät aus der Zeit vor 1950, vorzugsweise über Firmen aus meiner Heimat, dem Rheinland, wie zum Beispiel Plate in Bonn, Schrader in Köln. Ich fahre mit meinem Bruder Wolfgang und anderen Sammel-Kollegen die einschlägigen Flohmärkte ab, durchforste eBay, tausche mit anderen Sammlern weltweit. Ein schönes Hobby für die Winterzeit! Durch die Lektüre uralter Angelbücher und –zeitschriften habe ich gelernt, wie hochentwickelt die Angelfischerei in Deutschland vor dem 2. Weltkrieg war. Damals mussten wir uns anglerisch vor den Engländern und Franzosen nicht verstecken. Leider ist unser Wissen im Krieg weitgehend verlorengegangen, Bücher sind verbrannt, die wissenden Angler gestorben. Ich habe mir es etwas zum Ziel gesetzt, unser Anglerwissen wieder hervorzuholen.

Wie planst Du Dein Angeljahr?

Mein Angeljahr ist strikt durchorganisiert! Von Dezember bis Februar fische ich vor allem auf Döbel, im März dann etwas auf Großbarsche mit Naturködern, um dann im April mit den Großbrassen zu beginnen. Ab Mai/Juni geht es dann auf Schleien. Im Hochsommer läuft nicht viel, bei 35 Grad gehe ich ein-, zwei Mal im Mittelgebirge zum Fliegenfischen, oder mal mit Schwimmbrot an der Oberfläche auf Karpfen oder Döbel. Hierbei geht es aber nicht um große Fische, sondern nur um Spaß. Ab September dann auf Barben, im Oktober auch gerne mal ne Karpfensession. Im Winter dann gerne mit Deadbaits auf Hecht, dann geht es wieder mit den Döbeln los…

Was würdest du unseren Usern raten, immer dabei zu haben?

Einen guten Angelkollegen! Alleine macht Angeln nur halb so viel Spaß. Mein Wahlspruch: "The most important thing in fishing is the buddy you take with you!” Ich gehe nur sehr selten alleine zum Fischen.

Was war Dein schönstes Erlebnis 2013?

Da gab es einige… Ich konnte letztes Jahr meinen Schleien-PB auf 3,8 Kilo verbessern, auch meine beste Barbe von 3,850 Kilo und meinen größten Karpfen (37 Pfund) fing ich letztes Jahr. Es gab viele schöne Fische, super Fluss-Alande, fette Winter-Döbel…

Du bist absoluter Großbrassen-Fan, wie kommt es zu dieser Leidenschaft?

Ich hasse den Mainstream! Ich habe in den 1980er Jahren mit dem Boilieangeln auf Karpfen angefangen, als plötzlich jeder mit Fertig-Köderkugeln loslegte, und jeder Hansel mit einem Fertig-Rig aus dem Angelladen kapitale Fische fangen konnte, habe ich mit dem Deadbaiting auf Hecht angefangen. Ich liebe es auf Fischarten und mit Methoden zu fischen, die sonst niemanden interessieren. Brassen sind einfach urige Fische, die an feinem Gerät richtig Spaß machen. Natürlich darf man die nicht mit einer Karpfenrute befischen. Ich habe auch ein Herz für die Hässlichen und Ausgestoßenen, vielleicht rührt daher meine Brassen-Leidenschaft.

Wie schwer war Deine größte Brasse und wie konntest Du sie überlisten?

Meine schwerste Brasse brachte fast 12 Pfund auf die Waage (wirklich gewogen und nicht geschätzt). Ich weiß, viele Karpfenangler haben größere Brassen als Beifang landen können. Aber zufällig gefangene Fische zählen nicht. Wenn man gezielt auf eine spezielle Fischart ansitzt (Specimen Hunting), freut man sich doppelt über einen kapitalen Fang. Für den 12-Pfünder habe ich 13 Ansitze ohne Fisch gebraucht, dann bissen gleich über zehn gute Fische, davon drei Zehnpfünder und zwei Brassen von fast 10 Pfund. Gefischt habe ich mit Mini-Popups auf einem flachen Plateau im Frühjahr. Nur in der Pre-Spawn-Zeit haben die Fische Top-Gewicht.

Welche Fischarten haben es Dir noch angetan?

Da gibt es eine ganze Menge: Was gibt es schöneres als Döbelangeln an einem sonnigen Januartag, oder gute Rotfedern an der leichten Matchrute. Schleie, Karausche, Rotauge, Barbe, Brassen, gute Barsche… Mit Hecht und Zander kann ich in den letzten Jahren nicht mehr so viel anfangen, ich habe einfach früher zu viel darauf geangelt.

Was kann dich richtig auf die Palme bringen beim Angeln?

Meistens bin ich sehr entspannt, kann auch Kanuten und Badegäste gut ertragen. Blöde Fragen von Spaziergängern beantworte ich stets nett und freundlich. Ein Problem habe ich manchmal mit Karpfenanglern, die dank Futterboot halbe Seebereiche abspannen, und keinen Angler in 500 Metern Umgebung dulden. Das geht einfach nicht, man hat an seinem Angelplatz geraderaus zu fischen und nicht links und rechts am Ufer entlang. Macht man es doch, dann muss man andere Angler dulden.

Was würdest Du in Deutschland im Bereich Angeln verändern wollen?

Zwei Dinge! Zum einen die Einstellung der Angler: Weniger Fangneid und mehr Fairness und Sportsgeist würden unserem Hobby gut zu Gesicht stehen. Ich war kürzlich in Irland, dort stellen die Angler Schilder an vorgefütterten Plätzen auf („Hier ist angefüttert, bitte Angelplatz frei lassen“). Niemand würde sich dort auf so eine Stelle setzten. Bei uns undenkbar. Zum anderen müsste sich die Einstellung des Gesetzgebers ändern: Anglerinteressen (immerhin ca. 2-3 Millionen Wähler) spielen bei uns überhaupt keine maßgebliche Rolle. Stattdessen wird nur in Richtung Tierrechtsbewegung geschaut. Ein Gewässer- und Angler-Management nach internationalem Vorbild könnte viel für Tourismus, Tierschutz und Wirtschaft in Deutschland erreichen. Beispiel Lachs: Warum gibt man nicht in der Zahl beschränkte und sehr teure Lachsangellizenzen wie in Norwegen oder Irland etwa an der Sieg aus, die gefangenen Fische müssten schonend zurückgesetzt, das Geld dann ins Wideransiedlungsprogramm investiert werden. Tourismus und der Lachs würden davon profitieren. Stattdessen wird der Angler vor Ort mit Verboten drangsaliert. Nur so ein Gedanke, immerhin haben wir Angler das Lachsprogramm mit unserer Fischereiabgabe finanziert… In einem dicht besiedelten Industrieland darf man den Menschen nicht aus der Natur ausschließen. Alles muss darauf abzielen, den Menschen durch nachhaltige Nutzungsformen in die Natur zu integrieren. Eine modern aufgefasste Angelei wäre hierfür ein gutes Beispiel.

Welche Erfahrungen hast Du im Ausland sammeln können?

Eine ganze Menge! Ich war bestimmt 15 Mal in Irland, einige Male in England und Schottland zum Fischen. Auch Skandinavien habe ich schon einige Male von Nord bis Süd „heimgesucht“, natürlich auch die Nachbarländer wie die Niederlande oder Frankreich. Es ist interessant zu sehen, wie in anderen Ländern mit Anglern umgegangen wird. Angeln gehört in vielen unserer Nachbarländer zur Nationalkultur, jedes Kind lernt diese Kulturtechnik, vor allem in Skandinavien. Ich glaube, dass es für jeden Jungen wichtig ist, sich ein Fisch zu fangen, ihn zu töten, auszunehmen und selbst auf dem Feuer zu braten. Diese Ur-Erfahrung macht uns erst zum Menschen. Was seit hunderttausenden Jahren menschlich und richtig gewesen ist, kann nicht in den letzten Jahren falsch geworden sein.

Was hören wir in der Zukunft von Dir?

Hoffentlich noch einiges! Ein Buchprojekt ist in der Planung, mal sehen, wann es fertig wird. Natürlich wird man hin und wieder einen Artikel von mir in FISCH & FANG oder DER RAUBFISCH lesen können. Am besten meine Facebook-Seite aufmerksam verfolgen, so bleibt man auf dem Laufenden: https://www.facebook.com/thomas.kalweit.39/

Es ist noch einiges in der Pipeline, mehr wird aber nicht verraten.

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