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Aus dem Dschungel in den Dschungel – Ein Reisebericht

Regen, stundenlanger Regen. Die Autobahn ist bis auf wenige LKWs wenig befahren. Der Energie Drink macht seinem Namen aller Ehre: trotz wenig Schlaf und aufkommender Müdigkeit bin ich gleichzeitig paradoxerweise hellwach. Es ist Anfang Mai, mittlerweile kurz vor halb vier Uhr morgens und wir passieren gerade mit knapp 200 Sachen Thüringen.

Ich habe nur einen Gedanken der mich nicht mehr loslässt: WALLER! Seid Monaten freuen sich mein Freund Paul und ich auf diesen Trip und die spannende Zeit. Wo es hingeht? In das Petit Rhone Delta zu Nils Meuthers „Dschungelwaller“. Schon Wochen vorher hatte ich Nils mit Fragen über Wassertemperatur, benötigter Ausrüstung, Beissverhalten und dem Stand seines neuen Bootes gelöchert - der Arme! Doch es sollte alles passen dieses mal, denn dies war nicht unser erster Wallerurlaub. Jedoch konnten wir bisher nur ein einziges mal ein größeres Exemplar von 1,88m in Spanien überlisten. Umso größer war unsere Erwartungshaltung an die Petit Rhone.

12 Uhr Mittags am Freitag:

Wir erreichten das Camp nach knapp 13 Stunden Autofahrt. Nils war gerade beschäftigt den Rasen zu trimmen und erst nach lautem Zurufen bemerkte er uns. Die Begrüßung war sehr freundschaftlich, man hatte sich noch nie live gesehen, aber mehrere Stunden zusammen geschrieben und philosophiert. Wir verschnauften einige Minuten und fuhren danach in den nächstgelegenen Supermarkt, um unseren Proviant für die Woche zu besorgen. Später wurde gefachsimpelt über Gott und die Welt des Angelns. Es fiel auf, dass Nils bereits alles vorbereitet hatte: Köderfische schwammen munter im Kescher, Ruten waren montiert und das neu gebaute Boot, seine „Legend“, war vollgetankt und blitzte vor Sauberkeit! Das einzige was uns Sorgen machte war der Mistral. Dieser Wind kann über Tage und Wochen andauern und mit bis zu 70 km/h fegte er über das Land. Einige Gäste vom Dschungelwallercamp berichteten, dass die komplette Woche dieser hartnäckige Wind das Angeln zu einer Qual werden lies. Doch wir ließen uns nicht beirren, denn Nils versicherte uns ein baldiges Ende des Sturmes. Und so glitten wir in unsere Schlafsäcke, machten es uns gemütlich und träumten vom großen Fisch.

Samstag:

Der Wind hatte uns fast kein Auge zu machen lassen. Ständige Wachperioden räderten uns an diesem Morgen. Da half nur ein anständiges Frühstuck!

Aufgrund des nicht nennenswert abschwächenden Sturmes ( auch wenn wir uns immer wieder einredeten er würde abflauen ), machten wir uns erst gegen Abend auf den Weg zu unserem ersten Spot.

Die Petit Rhone zeichnet sich durch ihren starken Wildwuchs in Ufernähe aus. Es scheint, als würde man die Regenwälder Südamerikas bereisen, nicht aber den Süden Frankreichs. Das einzige was einen an die Zivilisation erinnert sind einsame Stege, die Angelboote und die Felder hinter dem Bewuchs. Nils wählte für unsere erste Nacht eine langgezogene Kurve, in der wir sowohl im flachen, als auch tiefen Bereich unsere Köder ihrem Schicksal überlassen konnten und wir relativ windgeschützt angeln konnten. Was beeindruckend war, war die enorme Entfernung in der Nils unsere Köder vom Boot in Stellung brachte. „Der Unterschied macht die Lautstärke!“ war sein beliebter Spruch. Es macht durchaus Sinn, denn in so einer Gegend, in der jedes scheppern an Bord die Fische misstrauisch werden lässt, geht man lieber auf Nummer sicher. So fuhren wir die Köder etwa 300 Meter entfernt aus und boten sie in verschiedenen Varianten an: Unterwasserpose, mit Blei beschwert und komplett frei am Haken. Dabei wurde die Hauptschnur immer mit Hilfe einer Reißleine am Ufer befestigt und somit auch direkt die gewünschte Köderfischtiefe im Wasser eingestellt.

Nachdem die Köder im Wasser waren, wurde noch lange viel gelacht bevor wir den Weg in die Schlafsäcke fanden.

Sonntag:

Was für ein Lärm! Undefinierbare Vogelschreie liessen mich aus meinem Tiefschlaf zucken. So etwas hatte ich noch nie gehört! Auch meine Schlafgenossen direkt neben mir waren bereits wach. „Flamingos! Ist hier so etwas wie eine Plage, die Trampeln die Reisfelder platt!“ klärte mich Nils auf. Aha, Flamingos also. Ein wenig musste ich schmunzeln bei der Vorstellung wie diese rosafarbenen Vögel auf dem Reisfeld rumplantschen. Aber die Bauern finden das sicherlich nicht so witzig. Aus diesem Grund haben sie Anlagen installiert, die in bestimmten Intervallen mit Hilfe eines Überdruckventils einen lauten Knall abgeben, um die Vogel von den Feldern fern zu halten.

Doch nun kam die Ernüchterung: KEIN BISS! Die Ruten waren unangetastet geblieben und so holten wir die Köder mit dem Schlauchboot von ihren nächtlichen Standorten. Der letzte schien sich aufgrund der Strömung irgendwo in der Tiefe festgesetzt zu haben, und so dauert es einige Minuten den Hänger zu lösen. Was uns dann allerdings entgegen kam verschlug uns die Sprache: ein fetter Raubaal hatte versucht die circa 20cm große Karausche zu verputzen und ist dabei am Haken hängen geblieben. Damit hatten wir nun wirklich nicht gerechnet. Begeistert wurde der Fang fotografiert und released. Der Morgen schien mit diesem „Beifang“ besser zu werden, trotz des immer noch anhaltenden Mistrals.

An diesem Tag hatten wir uns vorgenommen, unser Glück auf Schwarzbarsche zu versuchen. Bereits in Spanien konnten wir einige dieser kampfstarken Exemplare überlisten. Nach dem Frühstück schnappten wir unsere Spinnausrüstung und stiefelten an einen der vielen Kanäle. Diese Angelei ist hier sehr interessant, da die Kanäle nicht alle identisch sind mit den einheimischen. Einige liegen direkt an befahrenen Straßen wobei die andere Uferseite völlig verwildert ist, mit überhängenden Bäumen und abgestorbenen Geäst im Wasser. Trotzdem wir unsere Gummifische und Wobbler gefährlich nah dem Unterholz anboten, gab es keine Bisse. Das Wasser und die Lufttemperatur sind Anfang Mai nicht ideal für die Blackbassjagt, aber dieser Ausflug war dennoch spannend und Gespräche mit den einheimischen Anglern machten uns heiß auf die nächtliche Jagd nach den Rhone Welsen.

Wieder wurden die Köderfische weit vom Boot entfernt in ihr Element gelassen. Dieses Mal wurden sie an flachen Bereichen präsentiert. Die nächtliche Geräuschkulisse ist atemberaubend, denn neben den Millionen von Fröschen singen unzählige Vögel und Grillen ihr Lied. Der Blick aus dem wärmenden Schlafsack in den Sternenhimmel ließ uns den Alltag vergessen und völlig entspannt fielen wir in den Schlaf. Ein toller Tag!

Montag:

Flamingos, schon wieder. Mir wurde langsam klar warum sie hier eine plage waren. Sie sind schlimmer als ein Wecker, denn den kann man ausschalten! Dieses mal wurde mir die nächtliche Stille an den Ruten schneller bewusst. Wieder Schneider! Zwei Tage angeln und ausser einem größenwahnsinnigen Aal interessierte sich nichts für unsere Köder. Sind wir vielleicht doch zur falschen Zeit hier? Hatte ich Nils zurecht so viele Fragen gestellt bezüglich der Wassertemperatur? Es half nichts, wir waren hier und mussten alles geben, um dem Schneiderdasein zu entfliehen. Bis Samstag blieb noch Zeit und so begrub ich meine Zweifel schnell wieder in die Vorfreude auf unser heutiges Vorhaben: dem Meeresangeln auf Wolfsbarsche mit Oberflächenködern.

Der Wind und die Gischt peitschte uns ins Gesicht, als wir mit knapp 50km/h Reisegeschwindigkeit über die Petit Rhone in Richtung des 6 km entfernten Mittelmeeres donnerten. Der 200ps starke Motor an der „Legend“ schnurrte wie ein Kätzchen, denn dies war noch lange nicht die Endgeschwindigkeit. Endlich waren wir auf dem Meer, was für eine Kulisse! Azurblaues Wasser unter strahlendem Sonnenschein ist für uns Großstadtbewohner immer wieder faszinierend. Riesige Buhnen ragten ins Wasser, ähnlich den großen Strömen in der deutschen Heimat. Wir steuerten frontal an den Buhnenkopf, um die an der Steinpackung lauernden Loup de Mer mit Hilfe von Stickbaits zu einem Biss zu überreden. Bereits an der Zweiten hatte mein Freund Paul einen beachtlichen Nachläufer. Der Fisch stand direkt hinter dem Köder, schwamm ruhig hinter ihm her, Adrenalin pur. Wir waren völlig aufgeregt, Nils und ich philosophierten über die Vorgehensweise: Köder stoppen und wieder antwitchen oder doch energisch weiter walk the dog führen? Aber wie heißt es so schön: „Den Fisch interessiert dein Gelaber nicht!“. Nach circa Zehn Metern des musterns entschied dieser, dass unser Köder unwürdig wäre und zog langsam davon. Welch Enttäuschung! Kurz danach hatte ich selbst einen kleineren Nachläufer, der jedoch schnell entschied, dass mein Duo Realis ungenießbar ist. Auch weitere Stunden des werfens brachten keine Ergebnisse. Braun gebrannt kehrten wir ins Camp zurück.

Die schöne Aussicht und die Möglichkeit im Salzwasser geangelt zu haben ließen uns den Tag auf dem Meer in positiver Erinnerung zurück, trotz dessen wir keinen Wolfsbarsch ins Boot bringen konnten.

Da sich der Wind mittlerweile komplett beruhigt hatte, konnten wir heute Nacht einen breiteren Abschnitt des Flusses ansteuern, an dem die Ufervegetation spärlicher ausfiel als an anderen Stellen. Wir erhofften uns, dass hier die Köderfische mehr Aufsehen erregen würden, als im tiefen Dickicht.

Die Ruten wurden bestückt und über weite Entfernungen längs zum Ufer abgespannt. Mal wieder wurde meine Auslands – Flatrate von Paul dazu missbraucht, mit den daheim gebliebenen zu telefonieren, als der erlösende Biss auf der Wallerrute kam. Anschlag, Gegendruck, Adrenalin pur! Die Bremse kreischte, denn der Fisch hatte überhaupt keine Lust auf ein Fotomodell Job. Er versuchte wieder in das schützende Geäst zu flüchten als wir plötzlich den Kontakt zu ihm verloren. Ausgeschlitzt! Verdammt! Wir schauten uns fassungslos an. Der Fisch schien eine beachtliche Größe zu haben, konnte er doch fast mühelos Schnur von der Rolle nehmen. Doch das spielte nun keine Rolle mehr, er war weg. Die Stimmung war am Nullpunkt. Erst der Nachläufer des Loup de Mer und nun der verlorene Wels, das Glück hatten wir nicht gepachtet bisher.

Es wurde ein Bier als Trost geöffnet und wir begannen über die möglichen Ursachen des Verlustes zu debattieren. Da klingelte plötzlich eine andere Wallerrutte! Wir waren völlig perplex. Tagelang keine Bisse und nun zwei hintereinander? Wieder wurde der Anschlag gesetzt. Ein spannender Drill begann und der Waller setzte seine ganze Energie ein, um von uns fern zu bleiben. Dieses Exemplar schien etwas kleiner zu sein, doch die Freude war riesig, als endlich der Wallergriff das Tier an Bord beförderte. Mit 1,50m sicherlich kein kapitaler Fisch, aber für uns an diesem Abend Grund zum jubeln! Vergessen waren die letzten Tage, der nervige Sturm, die Fehlbisse. Nach kurzem Fotoshooting durfte der genervte Fisch wieder ins dunkle Nass.

Wir freuten uns und das eben geöffnete Trost-Bier wurde nun zum Anstoßen auf den erfolgreichen Drill missbraucht. Ein weitere Biss lies unser Gelächter erstillen. Was für eine Nacht! Dieser Wels schien wieder größer zu sein, denn harte Schläge wurden bis das Handgelenk gegeben. Nach Minutenlangem Drill sahen wir ihn endlich: ein quergehakter Wels von knapp 1,20m. Er hatte vermutlich den Köderfisch verfehlt und sich den Drilling selbst in die Haut gerammt. Der Fisch wurde sofort released. Wir waren nicht enttäuscht, denn drei Bisse hintereinander gaben uns hierzu keinen Grund.

Dienstag:

Ich habe unruhig geschlafen. Die Schlafsäcke waren an diesem Morgen komplett nass von außen aufgrund der nächtlichen Feuchtigkeit. Wir hängten sie zum trocknen im Camp auf und machten uns daran, Köderfische in einem kleinen Teich zu besorgen. Stundenlang hockten wir hier und außer einem nicht verwerteten Biss blieben wir erfolglos. Mein Kumpel Paul setzte sich daraufhin an einen der Kanäle um sein Glück zu versuchen, ich besorgte eine XXL – Reuse um auf Nummer sicher zu gehen. Es musste doch möglich sein hier irgendeinen Fisch zu bekommen! Zu meiner Verwunderung fing ich neben bunten Sonnenbarschen einen Zander! Ein Glasauge in einem Dorfteich, das sieht man nicht alle Tage. Paul fing einen schönen Karpfen, und so waren wir motiviert für die nächtliche Tour. Es ging an den selben Platz, den wir zwei Tage zuvor erfolglos beangelten. Die Ruten wurden abgespannt, doch der Wind hatte wieder zugenommen. Die gespannten Schnüre sangen wie Gitarrensaiten, meiner Meinung nach keine gute Grundvoraussetzung: das Geräusch wird ähnlich wie bei einem Dosentelefon ( ihr kennt es aus eurer Kindheit ;) ) bis ans andere Ende der Sehne transportiert, sodass es unter Wasser direkt am Köder noch wahrgenommen werden kann. Wir waren dennoch voller Hoffnung und nach dem Abendessen legten wir uns frohen Mutes in die nun trockenen Schlafsäcke.

Mittwoch:

Totentanz. Die Realität hatte uns zurück, nichts hatte sich für unsere Köder interessiert. Es blieben nur noch wenige Tage um einen kapitalen Fisch ins Boot zu bekommen und so wuchs unsere Nervosität weiter. Sollte die Glückssträhne schon wieder ein Ende haben? Hatten wir alles erdenklich Mögliche versucht? NEIN! Es gab da noch diesen Bereich oberhalb des Campes, an dem das Nachtangeln unter Strafe verboten war, jedoch tagsüber nur wenige Angler vor Ort waren. Wir entschieden uns, ab dem nächsten Tag ununterbrochen auf dem Wasser zu sein. Tagsüber oberhalb des Campes, nachts im freigegeben Bereich in der Nähe des Campes. Der Schlachtplan stand und wir machten uns wieder an die Beschaffung der Köderfische. Etliche Stunden verstrichen abermals, ohne dass sich der Köder bewegte. Selbst in der Nacht während des Ansitzes liessen wir die Feederruten im Wasser, um wenigstens einen Fisch zu bekommen. Unter dem atemberaubenden Sternenhimmel schickten wir Stoßgebete gen Sternenschnuppen, dass diese Nacht erfolgreich werden würde und schliefen schließlich selig ein.

Donnerstag:

Nur noch zwei Tage und zwei Nächte. Auch diese Nacht war wieder einmal ohne Biss geblieben, da half es auch nicht, dass wir super Wetter hatten. Auch Nils war mit seinem Latein am Ende: alles passte: Luftdruck: konstant, Wasserstand: gleichbleibender Pegel, Wassertemperatur: steigend und auch der zunehmende Mond war auf unserer Seite. Wo waren die Fische? Sie sollten kurz vor dem Laichen stehen und somit im Fressrausch!

Doch wir hatten noch einen Joker im Ärmel, auf den wir alles setzten: den Bereich oberhalb des Campes. Nur wenige einheimische Angler fischten hier, da die Angeltouristen lieber an einem Ort blieben und es nicht riskierten, von der Garde de Peche das komplette Tackle einkassieren zu lassen, sollten sie sich während der Nacht beim fischen erwischen lassen. Hier war die Ufervegetation noch verwilderter, alles erinnerte an den Urwald des Amazonas und es liess sich erahnen, welche Schönheit die Natur in ganz Europa einmal hatte, bevor Regierungen Uferbegradigungen und Dämme bauten.

Der Spot des Tages befand sich nahe eines Grundstückes, welches in mitten dieser Atemberaubender Landschaft lag. Wir spannten die Wallerruten nicht ab, sondern liessen sie mit der Strömung an der Posenmontage schwimmen. Mehr genervt als engagiert schmissen wir wieder einmal die Feederrutten ans Ufer. Wir öffneten uns ein Bier, die vorherigen Tage hatten uns den Müßiggang gelehrt. Die Hoffnung auf Ködefische hatten wir schon aufgegeben.

Es dauerte einige Sekunden bis wir realisierten dass die Feederrute einen Halbkreis bildete. Der Anschlag wurde gesetzt und es folgte ein spannender Drill. Ein makelloser Schuppenkarpfen wurde in das Boot gebracht, WOW! Er hatte fast 80 cm, hatte alles gegeben um in das Unterholz zu flüchten, doch nun war er da. Ich war völlig happy und so wurde er nach einigen Bildern zurückgesetzt.

Die Freude war groß, hatten die letzten Tage doch sehr an unseren Nerven genagt. Als wir die Rute gerade wieder ins Wasser setzten wollten, kam ein Biss auf der anderen Feederrute! Was ist denn hier los!? Ein weitere Schuppenkarpfen wurde gelandet und dieses Spiel wiederholte sich im Minutentakt! Wir hatten kaum die Ruten abgelegt, da kam der Biss. So eine Sternstunde hatte ich beim Karpfenangeln noch nie erlebt. Der Spaß war riesig, die Sonne brutzelte uns zu Krabben. Gerade als ich wieder den Haken beköderte und Paul noch beim Drill eines Schuppis war, sah ich aus dem Augenwinkel ein Schlag in der Welsrute. Ich konnte es nicht fassen: erst dieses Karpfengemetzel, jetzt noch ein Welsbiss, hatten die Sternschnuppenwünsche doch geholfen? Ich setzte den Anschlag und mir war sofort klar: dies war kein Zwergwels. Der Fisch wehrte sich extrem, ich konnte kaum Schnur gewinnen und wir entschieden uns dem Waller mit dem Schlauchboot entgegen zu fahren. Ich war völlig euphorisch, die Freude war riesig als wir das erste Mal den großen Schädel sahen. Nils gab mir während des Drilles wertvolle Tipps, um den Fisch schneller in das Schlauchboot zu befördern. Und dann lag er vor uns: der Wels streckte sich vom Anfang bis zum Ende unseres Schlauchbootes, was ein Anblick! Wir fuhren an eine nahegelegene Sandbank und ich durfte in dem kalten Wasser auf Tuchfühlung mit dem riesigen Fisch gehen. Es wurden Fotos gemacht und die Länge gemessen: 1,92m! Mein neuer PB. Auch wenn er die magische 2 Meter Grenze nur knapp verfehlte, tat dies der Freude keinen Abbruch. Wir freuten uns sehr über diesen unvergesslichen Kampf.

Nach dem releasen wurden noch einige Karpfen ans Band gebracht, auch Nils liessen wir an diesem Spaß teilhaben und drückten ihm eine kreischende Rute in die Hand. Am Abend brachen wir überglücklich und von der Sonne verbrannt zu unserem nächtlichen Spot auf. Die Nacht war warm, es kam ein lauhes Lüftchen auf und erst jetzt bemerkten wir, dass wir völlig vergessen hatten uns gegen die Sonne zu schützen. Die Haut spannte, das Gesicht glühte, doch das Grinsen verging uns dennoch nicht. Was für ein unbeschreiblich genialer Tag, denn er hatte die Tour innerhalb weniger Stunden völlig gekippt.

Freitag:

Ich schwitzte. Die Sonne knallte mir frontal ins Gesicht, ein Wunder dass ich es so lange in meinem Schlafsack ausgehalten hatte. Die Nacht war leider ohne einen Biss geblieben, doch das entmutigte uns nicht mehr. Wir setzten unseren Plan fort und fuhren wieder in den Bereich oberhalb des Campes, um auf Karpfenjagt zu gehen. Unsere Haut war über Nacht hummerähnlich gefärbt, weswegen wir uns an diesem Tag sofort mit Hilfe eines Sonnenschirmes und Creme schützten. Doch es war zu spät! Paul hatte sich so verbrannt, dass er sich während der Karpfendrills nasse Handtücher über den Unterarmen wickelte, um seine Haut zu kühlen. So ist das wohl wenn man nicht auf die Omi hört: „...und denke dran dich einzucremen!“, hörte ich sie noch sagen... Paul musste leider eine halbe Stunde mit seinen Handtuchwickeln in der Sonne verbringen, da er einen stattlichen Schuppenkarpfen am Haken hatte, der es überhaupt nicht einsah in Richtung Boot zu schwimmen. Er setzte sich komplett gegen die Strömung, und so konnte Paul wenig ausrichten mit der feinen Feederrute. Nach einer zermürbenden Ewigkeit kam endlich ein 82cm Schuppi ins Boot, fett vom Laich und wunderschön.

Auch dieser Fisch trug zur guten Laune dieses Tages bei. Wir scherzten, erzählten Blödsinn und erzählten uns von dem gestrigen Tag, der uns noch sehr lange in Erinnerung bleiben wird. An diesem Tag bekamen wir jedoch kein Biss auf die Welsruten, eine Nacht blieb uns noch.

Samstag:

Diese Natur hier ist atemberaubend. Ich wachte kurz vor Sonnenaufgang auf, die Wolken waren bunt gefärbt, Flamingos zogen über mir hinweg und tausende Vögel sangen. Auch in dieser Nacht waren die Köder unangetastet geblieben, leider. Ich setzte mich auf die Bordwand der „Legend“ und liess meine Gedanke schweifen: was für eine Woche! Zuerst tagelang ohne jeglichen Biss, große Ratlosigkeit und Nervosität. Dann der Hammer Donnerstag, mit etlichen Karpfen und dem schönen Wels. Da sieht man einmal wieder wie das Angeln so ist. Auch an einem Top Gewässer wie der Petit Rhone muss man sich jeden Fisch hart erarbeiten.

Wir kehrten ins Camp zurück und unterhielten uns noch eine Weile mit Nils, bevor es zurück in die Heimat ging.

Ich bedanke mich bei Nils Meuther, der wirklich ALLES gegeben hat, um diese Woche erfolgreich enden zu lassen und ein wirklich sehr korrekter, lustiger Typ ist. Ich kann nur jedem empfehlen, sein „Dschungelwaller“ Camp an der Petit Rhone zu besuchen! Außerdem bedanke ich mich bei meinem Freund Paul, dass er bei jeder Tour dabei ist, mir seid Jahren nicht nur am Wasser beiseite steht und den ich nicht mehr missen kann in meinem Leben. Es war eine tolle Woche!

Euer Johannes

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